In einer Welt, die unaufhörlich pulsiert und uns mit einer Flut von Reizen überfordert, scheint die Stille zu einem recht kostbaren Gut geworden zu sein. Doch was geschieht, wenn wir uns bewusst in die Stille begeben? Welche Erkenntnisse warten in der scheinbaren Leere, die sie hinterlässt? Durch die Handpans finde ich einen besonderen Zugang zu dieser inneren Ruhe, und im Rückblick erkenne ich, wie sehr mich dieses Thema beschäftigt, seit ich mich mit ihren tiefen Klängen auseinandersetze.
Die Furcht vor der Stille und die Flucht in den Aktionismus
Ein Vortrag des von mir geschätzten und gern gehörten Pater Anselm Grün hat mich nachhaltig beeindruckt. Er sprach dort recht offen über die weit verbreitete Angst vor der Stille. Denn in der Abwesenheit von Lärm kann eine innere Leere entstehen – ein Raum, der uns ungeschützt unseren tiefsten Ängsten und Unsicherheiten gegenübergestellt.
Ein zentraler Gedanke aus diesem Vortrag, der sich tief in mir verankert hat, lautet: „Stille führt zur Selbstbegegnung.“ Diese einfache, aber tiefgründige Aussage birgt eine immense Wahrheit. In der Stille, wenn die äußeren Ablenkungen verstummen, haben wir die Möglichkeit, uns selbst wirklich zuzuhören. Die inneren Dialoge, die sonst von äußeren Geräuschen überlagert werden, treten klarer hervor. Es ist, als würde die Stille einen Spiegel vor unsere Seele halten und uns erlauben, uns selbst in all unseren Facetten zu erkennen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Pater Anselm Grün in seinen Betrachtungen zur Stille betont, ist die Haltung des „Verstehen statt bewerten“. Oft neigen wir dazu, unsere inneren Regungen, Gedanken und Gefühle sofort zu beurteilen – als gut oder schlecht, richtig oder falsch. Doch die Stille bietet uns einen Raum, in dem wir lernen können, diese inneren Prozesse zunächst einmal anzunehmen und zu verstehen, anstatt sie vorschnell zu verurteilen. Diese Akzeptanz ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Selbstbegegnung und zur Heilung innerer Konflikte.
Eng damit verbunden ist ein weiteres tiefes Prinzip, das Pater Anselm Grün zu vermitteln versucht: „Nur was ich annehmen, kann ich verwandeln.“ Dieser Satz beleuchtet einen entscheidenden Aspekt unseres inneren Wachstums. Solange wir uns gegen bestimmte Teile unseres Selbst, gegen unsere Gefühle oder Erfahrungen wehren, bleiben diese oft unverändert und können uns sogar belasten. Erst wenn wir bereit sind, das anzunehmen, was ist – uns selbst mit all unseren Stärken und Schwächen, unsere Vergangenheit und unsere gegenwärtigen Herausforderungen – schaffen wir die Grundlage für Verwandlung und im Idealfall Heilung. Die Stille bietet uns den sicheren Raum, in dem diese Annahme geschehen kann.
Und schließlich unterstreicht Pater Anselm Grün immer wieder, dass Stille der Weg zur Selbsterkenntnis ist. In der äußeren Ruhe finden wir die Möglichkeit, nach innen zu lauschen und die tieferen Schichten unseres Selbst zu erkunden. Die Stille ist wie ein stiller See, in dessen klaren Wassern sich unser wahres Ich spiegeln kann. Sie ermöglicht uns, uns selbst jenseits der oberflächlichen Identifikationen und Rollen zu erkennen und zu verstehen, wer wir im Kern wirklich sind.
Stille führt allerdings oft auch zur Leere. Und genau vor dieser inneren Leere haben viele Menschen eine tiefe Angst, oft vielleicht auch tief im Unbewussten verborgen. Um dieser unangenehmen Empfindung zu entkommen, flüchten sich viele in einen rastlosen Aktionismus. Sie füllen ihr Leben mit unzähligen Aktivitäten, Terminen und Ablenkungen, nur um nicht mit dieser vermeintlichen Leere konfrontiert zu werden. Doch diese Verdrängung hat ihren Preis. Dieser ständige Zustand der Überaktivität kann zu chronischem Stress führen und nicht selten in Burnout, Erschöpfung oder ähnlichen gesundheitlichen Problemen enden. Die ungelebte Leere sucht sich so auf andere, oft destruktive Weise ihren Ausdruck.
Die transformative Kraft der Leere: Eine Einladung zur Veränderung
Pater Anselm Grün ermutigt uns eindringlich, uns dieser Leere zu stellen. Denn gerade in diesem scheinbar unproduktiven Raum liegt ein immenses Potenzial für Veränderung und persönliches Wachstum. Wenn wir uns der Stille und der damit verbundenen Leere öffnen, schaffen wir einen fruchtbaren Boden für Kreativität, tiefe Inspiration und völlig neue Perspektiven. Die Stille wird so zum Nährboden für die Selbstbegegnung und ermöglicht uns, unsere inneren Landschaften ohne sofortige Bewertung zu erkunden, das anzunehmen, was wir dort finden, um es schließlich zu verwandeln und dadurch tiefere Selbsterkenntnis zu erlangen – und uns vor den negativen Folgen der Verdrängung zu schützen.
Meine persönliche Reise in die Stille: Vom Unbehagen zur Heilung und zur Selbsterkenntnis
Auch ich kenne das anfängliche Unbehagen, das die Stille hervorrufen kann, und die Versuchung, mich in Aktivität zu flüchten. Doch mit jeder bewussten Begegnung mit ihr habe ich zunehmend ihre heilende Kraft erfahren. In der Stille finde ich den Weg zurück zu meinem inneren Kern. Ich lerne, der leisen Stimme meiner Intuition zuzuhören und zu erkennen, was in meinem Leben wirklich zählt – eine tiefe Selbstbegegnung, die im Lärm der Welt oft überhört wird und mir wertvolle Einblicke in mein wahres Selbst schenkt. Dabei übe ich mich darin und versuche, meine aufkommenden Gedanken und Gefühle zunächst einmal wahrzunehmen und zu verstehen, anstatt sie sofort zu bewerten. Was mir natürlich mal mehr, mal weniger gut gelingt. Und mit der Zeit lerne ich, auch die schwierigen und unangenehmen Aspekte anzunehmen, in dem Wissen, dass nur so eine echte Wandlung möglich wird und ich mich selbst besser kennenlerne und dem Teufelskreis des rastlosen Aktionismus entkomme.
Die Handpan: Ein Klangvoller Pfad in die Stille zur Selbstbegegnung
Für mich hat sich die Handpan als ein außergewöhnliches Instrument offenbart, das weit über die reine Klangerzeugung hinausgeht. Sie ist zu einer intuitiven Brücke geworden, die mich auf sanfte Weise in die tiefen Dimensionen der Stille führt. Wenn ich diese Instrumente zum Schwingen bringe, betrete ich einen Raum, in dem die Zeit ihre gewohnte Bedeutung verliert und die äußere Welt in den Hintergrund tritt. In diesen Momenten der musikalischen Stille findet eine ganz besondere Form der Selbstbegegnung statt, einhergehend mit einem achtsamen Verstehen meiner inneren Welt und der liebevollen Annahme dessen, was sich zeigt – alles Schritte auf dem Weg zur tieferen Selbsterkenntnis und zur Vermeidung der Flucht in ungesunde Aktivität.
Zu Beginn meiner musikalischen Entdeckungsreise mit der Handpan war das Erreichen dieser inneren Stille nicht immer mühelos. Meine Gedanken waren – und sind nach wie vor – oft wie unruhige Wellen, und es kostete mich Anstrengung, mich ganz auf die Musik einzulassen. Doch gefühlt mit jedem einzelnen Ton, den ich spielte, lernte ich allmählich, den Fluss meiner Gedanken loszulassen und mich dem gegenwärtigen Moment hinzugeben. Diese Hingabe an den Klang führte mich tiefer zu mir selbst, zu einem Zustand des reinen Gewahrseins und Verstehens, in dem ich auch die unliebsamen Teile meiner selbst annehmen konnte und so mehr über mein Inneres erfuhr und die Notwendigkeit erkannte, die Stille nicht zu verdrängen.
Die sanften, obertonreichen Klänge der Handpan entfalten eine tief beruhigende Wirkung auf meinen Geist. Sie helfen mir, meine Aufmerksamkeit nach innen zu lenken. Es ist, als ob die Musik eine schützende Hülle um mich bildet, die mich vor den vielfältigen Ablenkungen des Alltags abschirmt. In dieser geschützten Stille wird die Selbstbegegnung auf natürliche Weise gefördert, und ich kann meine inneren Prozesse ohne sofortige Bewertung beobachten und mit einer Haltung der Akzeptanz begegnen, was zu einem tieferen Verständnis meiner selbst führt und mir hilft, gesunde Wege im Umgang mit der inneren Leere zu finden.
In diesen kostbaren Momenten der Stille, die durch die Musik der Handpan entstehen, habe ich oft tiefgreifende Einsichten gewonnen. Ich habe gelernt, meine Ängste und Unsicherheiten anzunehmen und eine tiefere Verbindung zu meinen innersten Wünschen und Sehnsüchten aufzubauen. Die Leere, die anfangs so bedrohlich erschien, hat sich als ein unendlicher Raum der Möglichkeiten offenbart – ein Raum, in dem die Begegnung mit dem eigenen Selbst in seiner Reinheit stattfinden kann, begleitet von einem wohlwollenden Verstehen und der Bereitschaft zur Annahme, was letztendlich den Weg zur Selbsterkenntnis ebnet und uns vor den Fallstricken des Erschöpfens bewahren kann.
In dieser Erfahrung tiefer Einheit erfahre ich eine innere Ruhe, die jede Anspannung lösen kann und ein tiefes Gefühl von Frieden und Gelassenheit in mir aufsteigen lassen kann.
Die Handpan hat mir auf wundervolle Weise gezeigt, dass die Stille kein Feind ist, den es zu bekämpfen gilt, sondern ein unschätzbarer Verbündeter auf dem Pfad zu innerer Ruhe und persönlichem Wachstum. Sie hat mir geholfen, die Furcht vor der Leere zu überwinden und die transformative Kraft der Stille in meinem Leben zu entdecken – eine Stille, die uns unweigerlich zu uns selbst führt, sofern man sich auf diese Aspekte einlassen kann und will.
Nicht vor der Stille flüchten – sondern sie annehmen und nutzen
In der Stille liegt eine immense Kraft, die uns zu unserem wahren Selbst führen kann. Wie Pater Anselm Grün es formuliert: ‚Stille führt zur Selbstbegegnung, auf diesem Weg ist das Verstehen unserer inneren Welt ohne sofortige Bewertung ein wichtiger Schritt, die Annahme dessen, was ist, ermöglicht uns letztendlich die Verwandlung, und all dies führt uns tiefer auf den Pfad der Selbsterkenntnis – und bewahrt uns davor, in die Falle des rastlosen Aktionismus zu tappen, der oft eine Folge der Angst vor der heilsamen Leere ist.‘ Vielleicht ist es an der Zeit, die Stille nicht länger als Bedrohung, sondern als Einladung zu betrachten.
Natürlich – es gelingt mir nicht immer, mich beim Handpan Spiel auf die Stille einlassen zu können. Aber, insbesondere in Kombination mit dem Spielen inmitten freier Natur, ist es oft ein guter Weg dahin.
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